Weißer Sand, Lagunen und rote Ibisse - der Nordosten Brasiliens

57. - 64. Reisetag (10.09. - 17.09.2015)

An der ersten Pousada auf der anderen Flussseite bekommen wir gleich Hilfe bei der Suche nach einer Tour in die Dünen und nach einem Stellplatz. Ein Pärchen aus Belem, er Holländer, sie Brasilianerin, helfen uns für den nächsten Tag eine Tagestour mit einem guten Guide auf einem Quad zu vereinbaren. Torinio, unser Guide fährt dann auch gleich mit uns durchs Dorf. Erst jetzt erkennen wir, wie viele Häuser und Menschen es hier gibt. Fast alle sehen sehr indigen aus. Viele sind auf dem Motorrad durch den Tiefsand auf den Straßen unterwegs, es gibt viele kleine Kinder und eher wenig Erwachsene. Kleinste Läden, in denen man einige Lebensmittel oder anderes kaufen kann, sind in der Überzahl. Gruppen von Männern stehen oder sitzen zusammen und winken uns freundlich zu. Der Bankautomat ist leider kaputt und am Schalter gibt es eine sehr lange Schlange. Wir hoffen, dass wir mit unserem Bargeld auskommen. Torinio und sein Bruder, der mit einem Motorrad vorweg fährt, zeigen uns die am Rand des Dorfes gelegene Pousada, die ein großes Tor und einen Garten hat. Das gibt uns ein sicheres Gefühl und wir werden tatsächlich noch 3 Nächte lang bleiben.

Jetzt suchen wir uns einen einsamen Platz mit Schattendach am idyllischen Fluss.  Wir aalen uns im warmen Wasser und entspannen uns von den vielen Tagen im Auto. Unser helfendes Pärchen kommt zufällig vorbei und wir schnacken bei einem Kaffee über Brasilien und die Welt im Allgemeinen. 

Abends fahren wir in die Pousada, die zu unserer Überraschung sogar Internet hat. 

 

Pünktlich um 8 Uhr geht es dann am nächsten Morgen in die Dünen. Wir sind überwältigt. Es ist doch etwas anderes, diese Landschaft in Natur zu sehen. Auch wenn die uns bekannten Fotos schon eindrucksvoll sind, sind es diese weißen Dünen mit ihrem blauen oder türkisen Wasser in der Realität noch viel mehr. Es weht kräftig, wie jeden Tag zu dieser Jahreszeit, und die Sonne knallt vom Himmel. Dennoch bleiben wir häufig stehen und machen Fotos. Ein Bad in einer Lagune ist sehr erfrischend, denn das Süßwasser ist angenehm kühl (Geschätzt 28 Grad), der Sand darunter warm und die Umgebung einfach überwältigend.

Das Mittagessen in einer abgelegenen Hütte ist dagegen eine Enttäuschung. Für 45R$ (ca. 11,- Euro) pro Person bekommen wir Reis, Bohnen, Manjokmehl und kleinste Stückchen Huhn mit vielen Knochen. Das ist das schlechteste und teuerste Essen, was wir in Brasilien bisher genossen haben. Als wir dann noch von den brasilianischen Mitgästen erfahren, dass sie pro Person nur 25R$ bezahlen, sind wir einigermaßen genervt, sagen aber nichts. Das übernehmen die Brasilianer beim Abschied für uns, ohne dass wir sie darum gebeten haben... 

Da wir viel für unseren Blog und unsere Fotos zu tun haben, bleiben wir am nächsten Tag erst an der Pousada, um uns dann am Nachmittag noch einmal zu einer Lagune rausfahren zu lassen. Dort lassen wir den Kopter steigen und machen sehr schöne Filmaufnahmen. Am nächsten Morgen nehmen wir dann schweren Herzens Abschied von diesem magischen Ort mit seinen großen Gegensätzen - hier die überwältigende Natur und da die armen Menschen, die aus irgendwelchen Gründen so wenig aus diesem Geschenk für sich heraus holen. Wir sind allerdings dankbar dafür, denn der Ort würde mit mehr Tourismus natürlich an Charme verlieren.

 

Die Rückfahrt über die 36 km lange Sandpiste gelingt uns problemlos. Uwe kann einfach super gut im Sand fahren. Ich filme immer mal wieder, so dass die Fahrt etwas länger dauert. Nach dem Besuch einer Borracharia, um die Reifen wieder mit Luft aufzufüllen, fahren wir auf Asphalt nach Barrarinhas weiter. Diese geschäftige Stadt liegt in ihrer Sonntagssiesta, nur eine Truppe Fussball begeisterter Männer hockt in einem Restaurant zusammen und jubelt. Am Straßenrand treffen wir das Wohnmobil, das wir vor ein paar Tagen schon einmal gesehen haben, wieder. Gerhard, als kleines Kind Ende der 40ger Jahre mit seinen Eltern aus Deutschland ausgewandert, ist mit seiner brasilianischen Frau auch hier angekommen. 

Nachdem wir schon tolle Luftaufnahmen mit dem Kopter gemacht haben, buchen doch noch einen Flug über die Dünen für denselben Nachmittag. Uwe will gern ohne Tür fliegen, damit es auf den Fotos keine Spiegelungen durch die Fensterscheiben gibt. Der Pilot ist etwas irritiert, kündigt dann aber Abhilfe innerhalb 10 Minuten an. Nun, ich denke nur, "Mal eben?! Das kann dauern!" Richtig! Dem schon etwas älteren Flugzeug die Tür zu nehmen, erweist sich dann als echte Herausforderungen. Uwe und der Pilot sind eine halbe Stunde lang beschäftigt, bis sie das Objekt in der Hand halten. Der Flug ist so eindrucksvoll, dass ich vor lauter gucken und fotografieren gar nicht dazu komme, eine Seekrankheit zu entwickeln. Da ist die Zeit auch schon wieder um! Die Fotos sind klasse, schade nur, dass im Osten fast kein Wasser mehr in den Lagunen ist. Wer das in voller Pracht sehen möchte, muss wohl zwischen Juni und Juli hierher kommen.

Am Abend trinken wir mit Gerhard und seiner Frau ein gemeinsames Bierchen und gehen dann entspannt schlafen. Wir übernachten direkt hier am Fluss, da Gerhard uns glaubhaft versichert, dass hier nichts passieren wird.

Am nächsten Morgen beginnt der übliche Versorgungsrundgang. Es ist immer wieder schwierig für uns, die Dinge, die wir brauchen, zu bekommen. Bäcker, Schlachter, Supermarkt, Bank ... alles wird abgeklappert. Einen neuen Kompressor hätten wir auch noch gern. In der Leistungsstärke, wie wir ihn für unseren 5,5 Tonner brauchen, gibt es ihn aber in den beiden Läden am Ort nicht. Dafür finden wir eine gute Autowäsche, so dass wir unser Auto auch wieder anfassen können. Der rote Sand der Transamazonica verschwindet aus fast allen Ecken.

Uwe hat bestimmt 5 verschiedene Menschen befragt, wie sie die Sandstraße nach Paulino Neves einschätzen. Die Auskünfte sind, wie immer, widersprüchlich. Wir wagen es natürlich. Den Einstieg in die Straße finden wir wohl nicht so richtig. Zu Beginn ist sie nämlich extrem eng und tiefsandig. Die Büsche kratzen so stark am Lack, dass es uns fast körperlich weh tut. Nach kurzer Zeit treffen wir auf eine breite Sandstraße. Nun, dass ist wohl die richtige!

Im weiteren Verlauf verlassen wir die fahrbare Sandstrecke, um ein wenig tiefer in die Dünen zu kommen. Jetzt wird es wieder sehr eng. Die Büsche kommen unserem Liebling zu nahe. Jetzt greift Uwe zu seinem Fiskaswerkzeug  - eine kleine Axt. Gute Qualität beseitigt störende Äste!

Bei einem dieser Äste rächt sich die Natur aber gewaltig. Ein Sturm von stechwütigen Mücken überfällt das Auto und damit uns! Was die in diesem Zweig wohl gemacht haben? Jetzt haben sie jedoch ihre Opfer gefunden. Wir schlagen um uns, lüften, fluchen, leiden! Ich muss mir mindestens 5 mal anhören, wie doof es ist, kein Giftspray gekauft zu haben. Denguefieber und Malaria seien ja schließlich auch kein Spaß. lch gebe Uwe recht, denn so etwas, wie eben, muss ich auch nicht haben. Meine Aversion gegen Gift sitzt allerdings auch sehr tief. Mal sehen, was in Zukunft die Oberhand behalten wird. 

Zur Information: Malaria gibt es in diesem Gebiet nicht und das Denguefieber kommt in den Monaten der Regenzeit, in denen es hier keinen Wind gibt und das Wasser wohl oft in kleinen Pfützen / Tümpeln stehen bleibt, vor.

Als wir unseren traumhaften Stellplatz gefunden haben, ist aller Ärger verraucht. Unser Auto steht vor weißen Sanddünen, in der Ferne sehen wir Esel, Kühe und Ziegen weiden, an einer fast ausgetrockneten Lagune nisten kleine, scheue Eulen und nur hin und wieder kommt ein Einheimischer auf einem Quad vorbei gedüst. Wir streifen durch die Dünen, testen zu Fuß unsere Strecke für den nächsten Tag und genießen die unglaubliche Ruhe.

 

Die Dünenfahrt des folgenden Tages ist mit einiger Konzentration fahrbar. Ich stehe immer schon weit im Voraus mit der Kamera auf dem Stativ und sehe nur auf dem Display, was Uwe mit dem Auto so macht. Düne hoch, Düne runter – es ist ein Riesenspaß. Alles läuft hervorragend, unser Auto ist einfach fit. Deshalb haben wir Allrad und all die Sperren, die das Auto noch so aufweist. Es hat sich gelohnt.

Glücklich und zufrieden kommen wir erst in Paulino Neves und später in Tutoia an. Auch dieser kleine Ort ist mit vielen Geschäften und emsigen Menschen vollgestopft. Bei vielen kleinen Häusern und Hütten sitzen auch wieder untätige Erwachsene, insbesondere Männer. Besonders schockierend ist für uns der Umgang mit dem Müll, der überall auf den Grundstücken und der Straße rumfliegt. Vieles wirkt arm und herunter gekommen.

Am Ufer finden wir eine Touristeninformation und treffen auf Junior. Er verkauft uns sofort eine Tour ins Delta für den nächsten Tag und sorgt dafür, dass wir die traumhafte Pousada Jagata am Fluss- bzw. Meeresufer finden. Sie ist sehr liebevoll gestaltet und man vergisst schnell, dass nebenan die Armut wohnt. Der überaus freundliche Pousadabesitzer erlaubt uns für 3 Nächte zu bleiben. Wir dürfen wieder die Duschen und alles in der Anlage benutzen. So gehen wir hier frühstücken, damit er wenigstens etwas an uns verdient.

Noch am selben Nachmittag lassen wir uns von Junior ins Flussdelta fahren, da wir die Scharlachibisse unbedingt in Ruhe fotografieren wollen. Zuerst zeigt er uns die Ursache für die rote Farbe der Vögel: die Krebse. Sie leben im Schlamm zu Füßen der Mangrovenwälder und sehen aus, als würden sie direkt aus irgendwelchen Sciencefictionfilmen entsprungen sein. Das Warten auf die Scharlachibisse lohnt sich dann  aber auch. Wir sitzen im verankerten Boot und so langsam kommen die Ibisse zur Übernachtung angeflogen. Erst vereinzelt, später in Gruppen segeln sie an uns vorbei und lassen sich auf den Büschen am Ufer nieder. So ein Rot habe ich vorher noch nicht gesehen. Es strahlt geradezu! 

 

Da wir im Boot sind, schaukelt der Untergrund natürlich.  An diesem Abend geht es noch, am nächsten ist es sehr viel windiger und wir können die Kameras kaum ruhig halten. Dennoch gelingen uns beiden schöne Bilder.

Der Tagesausflug am nächsten Tag ist bis auf den Abschluss für uns eine Enttäuschung. Es gibt nicht viel zu sehen, eine Badepause und eine Pause auf einer Düne – das reißt uns inzwischen nicht mehr vom Hocker. Die 3stündige Mittagspause halten wir für völlig übertrieben. Da unsere mitreisenden Damen damit zufrieden sind und wir ihre Geduld am Schluss mit dem Fotografieren ja noch ganz schön fordern werden, akzeptieren wir sie, ohne etwas zu sagen. Unser Anpassungsprozess macht Fortschritte.

Über die Hilfsbereitschaft der Brasilianer habe ich ja schon viel geschrieben. Nun erleben wir mal eine andere Situation. Am nächsten Abend ist der Parkplatz auf dem wir stehen sehr gut besucht, da in der Pousada ein Treffen von Coca-Cola-Mitarbeitern mit ihren Familien stattfindet. Es wird eng. Ich sage noch zu Uwe, dass es vielleicht schlau sei, unsere Treppe einzufahren. Da sie keine Strahler oder ähnliches hat, sieht man die im Dunkeln sehr schlecht. Wir sind gerade beim Essen, da gibt es einen Rums und das Auto wackelt. Ich schlage nur die Hände über die Ohren und sage:“ Ich habe es gewusst!“ Ein freundlicher Brasilianer ist mit seinem schönen Amarok an der untersten Stufe der Leiter hängen geblieben. Schnell sammeln sich ungefähr 7 Männer an der Treppe und bestaunen das Ergebnis. Die Stufe ist ziemlich verbogen, zusammen klappen wird schwierig werden. Es ist ausgesprochen still. Uwe geht natürlich auch raus, ich gucke von oben. Dann fangen 2 Männer an, die Stufe per Hand wieder in die richtige Richtung zu drücken. Das ist nicht wirklich effektiv. So geht es eine ganze Zeit. Es wird hier und da geschoben und gedrückt. Dann sagt der Verursacher: „Einen Moment, bitte!“ Wir warten und essen erstmal. Dann kommt er wieder und .....

Am Ende können wir die Stufe wieder reinschieben. Der Kontaktknopf schließt meistens, die Stufe an sich hängt aber an einer Seite herunter, so dass sie, wenn man aus Versehen drauf tritt, immer ein bisschen nach unten ausweicht. So richtig in Ordnung ist sie also nicht. Wir haben von dem Brasilianer weder eine Entschuldigung noch eine Adresse für die Rechnung bekommen. Diesen kleinen Unfall werden wir wohl verkraften, aber wie wird es bei einem schwerwiegenderen Fall aussehen. Wir hoffen sehr, dass wir das nicht erleben müssen.

Nach 3 Nächten verabschieden wir uns und machen uns auf den Weg nach Jericoacoara.

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